Forschungsarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Sozialwissenschaften
allgemein, Note: 1,0, Humboldt-Universität zu Berlin, Sprache: Deutsch,
Abstract: Die Kontroverse um den normativen Gehalt der humanistischen
Universitätsidee wird im 20. Jahrhundert an einer entscheidenden
Konfliktlinie ausgetragen: Es geht dabei um die entscheidende
Streitfrage, ob normative Prämissen der institutionellen
Selbstbeschreibung sich als für Bildungsprozesse integrierende,
bewahrenswerte (Ideen-)Ressource oder als hinderliche Blockade der
Effizienz von Bildungsprozessen erweisen. Jene Bildungsprozesse sind in
modernen Gesellschaften nicht mehr ohne Weiteres unabhängig von
gesellschaftlich-technischem Wandel und Prozessen wie einer massiven
Bildungsexpansion zu denken. Sowohl die bedingungslosen Fürsprecher,
reformistischen Erneuerer als auch die Kritiker der neuhumanistischen
Idee haben sich dabei im gesamten 20. Jahrhundert am "Mythos Humboldt"
abgearbeitet. Zwischen C. H. Beckers entschiedener Bejahung des
neuhumanistischen Erbes, Max Schelers soziologisch informierter
Ernüchterung und schließlich der systemtheoretischen Verabschiedung
einer über normative Semantiken integrierten akademischen
Vergemeinschaftung bleibt Humboldt der zentrale diskursive Bezugspunkt,
zu dem sich jeder Neuansatz implizit oder explizit positioniert. Die
Untersuchung zeigt, dass es offenbar falsch ist, dass Humboldt für die
moderne Universität nur noch im Rahmen akademischer Sonntagsreden
bedeutsam ist, vielmehr kommt kein bedeutender bildungspolitischer
Entwurf und keine ernsthafte Theorie der Institution Universität an ihm
vorbei.