Diese Studie widmet sich den (potentiellen Dichter-)Figuren in Vladimir
Nabokovs frühen Romanen Masen'ka, Zascita Luzina und Otcajanie. Die
Protagonisten dieser Romane, so die These, sind potentielle Dichter bzw.
Künstler; eingebunden sind diese aber - und das ist das zweite große
Thema der Studie - in den fortlaufenden Versuch einer Selbstfindung im
kulturellen Zwischenraum des Berliner Exils. Identifikation, Integration
und Nostalgie sind drei Strategien, die eingesetzt werden, um mit der
Exilsituation zurechtzukommen - die Figuren aus Nabokovs Berlinromanen
wenden diese mehr oder weniger erfolgreich an. Die Opposition von
poslost' (Vulgarität) und Dichtung führt zu den Konflikten, die die
Romane bestimmen; daraus ergeben sich die antagonistischen Kategorien
von Irrationalität und Vernunft, dem Konstruktiven und dem Destruktiven,
von Heilung und Wahnsinn. Die Figuren, die für die Studie ausgewählt
wurden, sind - und das macht sie umso interessanter - keine 'wirklichen'
Dichter, sondern sie besitzen ein künstlerisches Potential, das
unterschiedlich zum Vorschein kommt. Diese Dichterfiguren befinden sich
in einem gefährlichen Balanceakt zwischen Heilung und Wahnsinn. Wenn das
Menschliche und die Kunst in einer harmonischen Beziehung stehen, ist
die künstlerische Gabe positiv zu werten, sobald diese Beziehung gestört
wird, kommt es zur Katastrophe - der Dichter läuft dabei Gefahr, an
seiner Gabe zu zerbrechen und wahnsinnig zu werden. Eine metapoetische
Basis für seine Figuren, die zwischen dem Künstler, dem Wahnsinnigen und
dem Verbrecher changieren, legt Nabokov in seinem Essay 'The Art of
Literature and Commonsense'. Davon ausgehend wird Nabokovs Realisierung
der drei Figurentypen (Dichter, Irre, Verbrecher) spezifiziert. Dabei
verschwimmen die Unterschiede zwischen den drei Figurentypen; gemeinsam
ist ihnen nur, dass ihr dichterisches Potential fast immer unrealisiert
bleibt. Ein fokussierter Blick auf Nabokovs potentielle Dichter zwischen
Heilung und Wahnsinn wi