Im Mittelpunkt der theoretischen und empirischen Studien des
Kapitalmarktes stand während der beiden vergangenen Jahrzehnte der
Aktienmarkt. Die porte- feuilletheoretische Fundierung der Preisbildung
und die darauf aufbauende Charakterisierung des Zusammenhangs von Risiko
und Ertrag im Markträumungs- gleichgewicht stellt trotz aller Vorbehalte
gegenüber den Modellprämissen und den empirischen
Überprüfungsmöglichkeiten der Modellergebnisse einen erheb- lichen
Fortschritt für das Verständnis des Aktienmarktes dar. Im Vergleich hi-
zu ist die Analyse des Marktes der festverzinslichen Titel noch wenig
fortgeschrit- ten. Erst in neuerer Zeit wurden portefeuilletheoretische
Ansätze zur gleichge- wichtstheoretischen Bewertung festverzinslicher
Wertpapiere entwickelt. Auf den ersten Blick überrascht die zögerliche
Behandlung des Marktes festver- zinslicher Titel mit Hilfe der
Portefeuilletheorie, da die Zahlungskonsequenzen eines Portefeuilles aus
Anleihen besser bekannt sind und somit eher einer theo- retischen
Behandlung zugänglich sein müßten als diejenigen eines Aktienporte-
feuilles. Tatsächlich zeigt es sich jedoch, daß aus einer Reihe von
Gründen Anlei- hen schwieriger zu analysieren sind als Aktien. Der
wichtigste ist die beschrä- te Laufzeit festverzinslicher Titel. Diese
führt zu der Konsequenz, daß die Kurs- variabilität von Anleihen mit
festem Verzinsungs- und Rückzahlungsanspruch im Zeitablauf abnimmt.
Daraus folgt, daß die Varianzen und Kovarianzen der Anleihen- erträge
sich im Zeitablauf zwingend ändern und die für Aktienportefeuilles mög-
licherweise noch akzeptable Annahme einer stationären Risikostruktur für
Anleihen- portefeuilles ungeeignet ist. Anleihenportefeuilles können
angemessen nur unter Berücksichtigung der zeitlichen Instabilität ihres
Risikos beurteilt werden.