1 Wenn Welten zusammenstoßen Dieses Buch zeigt, was geschieht, wenn
zusammenkommt, was - auf den ersten Blick - nicht zusammengehört. Die
Rede ist, der Buchtitel spricht dies aus, von der Soziologie sozialer
Probleme auf der einen und der Wissenssoziologie auf der ande- ren
Seite. Wie wohl keine andere Teildisziplin symbolisierte die Soziologie
sozialer Pro- bleme lange Zeit gleichermaßen die 'Lebensnähe' wie das
soziale Gewissen der uni- versitären Sozialwissenschaften. Im
Mittelpunkt ihrer theoretischen Überlegungen und empirischen
Untersuchungen standen die vielfaltigen sozialen Verwerfungen, von denen
moderne Gesellschaften offenbar regelmäßig heimgesucht werden ode- dies
ist eine andere beliebte Lesart - die sie permanent hervorbringen. Der
Name, den diese Teildisziplin nach den von ihr untersuchten
Bestandteilen der sozialen Welt bis heute trägt, macht dabei
unzweifelhaft klar, daß es dieser Soziologie per definitionem stets nur
um die negativen Seiten des Sozialen gehen konnte. Innerhalb ihrer
Disziplin war sie entsprechend fiir Anomien und Anomalien zuständig,
welche von den Bindestrichsoziologien, die sich um die wohlorganisierte
Gesellschaft kümmerten, ausgeklammert wurden (oftmals wohl zwangsläufig,
manchmal aber auch nur allzu gern). Typisch fiir diese Perspektive der
Problemsoziologie waren in Deutschland - wo diese Theorietradition bis
heute fortlebt -die Arbeiten von Hans Haferkamp. Als problematisch
erschienen ihm alljene sozialen Phänomene, bei denen es fiir die Be-
troffenen um die "Differenzen von tot oder lebendig, krank oder gesund,
hungrig oder satt, gefangen oder frei" ging (H. Haferkamp 1987: 126).