Subsidiarität ist ein demokratisch-pluralistisches Prinzip, das eng mit
Föderalismus- und Dezentalisierungsvorstellungen verbunden ist. Auch im
Hinblick auf die Beschlüsse von Maastricht und die Europäische Union ist
das Subsidiaritätsprinzip von größter Aktualität. Ferner befinden sich
der Subsidiaritätsgedanke auch im Einklang mit dem "small is
beautiful"-Trend in den Sozialwissenschaften. Der Vielschichtigkeit und
Relationenvielfalt der Subsidiaritätsidee wird in dieser Studie unter
politikwissenschaftlichen Gesichtspunkten nachgegangen.Zunächst wird die
Subsidiarität als Grundkategorie in der Ideengeschichte (Thomas von
Aquin, Johannes Althusius) und der katholischen Soziallehre
(Sozialenzyklika "Quadragesimo anno", Oswald von Nell-Breuning)
behandelt. Sodann werden die Relationen der Subsidiarität in ihrer
Bedeutung für die Gesamtgesellschaft entfaltet (evangelische Ethik,
Selbsthilfe, Entwicklung, Sozialpolitik, Grundgesetz, Demokratie,
Föderalismus, Dezentralisation, Neokonservatismus, Sozialdemokratie,
"Regenbogengesellschaft", "Civil Society"). Außerdem wird Subsidiarität
als möglicher Baustein einer künftigen europäischen Ordnung
problematisiert.Subsidiarität stellt einen spezifischen Integrations-
und Handlungszusammenhang her. Probleme sollten im Sinne einer
sachgerechten Machtverteilung auf derjenigen Ebene gelöst werden, auf
der sie sich stellen. Auch eine polyzentrische Gesellschaft, die im
Rahmen der neueren sozialwissenschaftlichen Staatsdiskussion angezielt
wird, dürfte ohne Geltung des Subsidiaritätsprinzips keinen Bestand
haben. Ebenso kann Subsidiarität personal eingebettet werden in einen
freien Bürgerverbund der aktiven und offenen Gesellschaft. Insofern
erweist sich Subsidiarität als ein politisch-praktisches Prinzip, das
angelegt ist auf eine dezentrale partizipative Öffnung wie
multisektorale Pluralisierung und dabei auf Komplementarität beruht.