für alles die schriftliche Überlieferung ist, auch für die mündliche
Volks litera- tur, nicht umgekehrt. Es ist daher unendlich viel
schwerer, vorschriftliche mündliche Literatur zu erschließen. Das große
Vorbild ist das fünfbändige Lexikon "Slavjanskie drevnosti" (Slavische
Altertümer) von Nikita Il'jic Tol- stoj (1923-1995), Bd. I, M. 1995. Das
konnte hier nicht geleistet werden. Es wäre richtig gewesen und
entspricht meiner Vorstellung einer Literatur- geschichte der ältesten
ostslavischen Zeit, in ihr jeweils die Quellen in der grie- chischen
Literatur zu dokumentieren, wo erforderlich auch in der nordischen,
lateinischen und tschechischen. Das konnte nur in Einzelfällen
geschehen. Anders hätte es die Sache unförmig gemacht, und es gehört
auch nicht hierher. Wiederum geht es um die Skizzierung der
Voraussetzungen. Eine Quellen- kunde sollte nicht entstehen; sie muß
solche Belege enthalten. Ich sehe voraus, daß Liebhaber der Literatur,
und auch der so eindrucksvol- len ältesten Literatur der Ostslaven,
Anstoß an Ergebnissen oder an der skep- tischen Methode nehmen können.
Wem Schriftzitate etwas sagen, der könnte vielleicht an den Apostel
Thomas erinnern, der erfahren will, bevor er glaubt Goh. 20,25). Wer ihn
zum Patron der Wissenschaft machen wollte, machte frei- lich zugleich
ihre Grenze deutlich. Und da es kaum jedermanns Sache ist, Sohn des
Thomas zu sein, so sagt man einfacher: Natürlich ist nationales
Literatur- verständnis erforderlich; daß das Besondere anders nicht zu
fassen ist, hat die Romantik gelehrt. Doch verlangt es zureichende
Gründe. Wo diese die Skep- sis widerlegen, sind sie erwünscht.