Der Dichter Johannes Bobrowski sagte einmal, er könne nur Naturlyrik
schreiben, wenn er über einen Fahrstuhl verfüge. Diese Disposition
teilen die Gedichte Jan Kuhlbrodts: Nur aus der Stadtlage heraus wird
das Land, das weite, wie es mich begleitet, als Sehnsuchtsort in Worten
fassbar. Ein idyllisches Land ist es nicht: Durchbrochen ... von
Struktur/ Und auf Brachflächen heimisch/ Ein einziges Kraut nur und
hart/ wie Bahnanlagen. Es ist das Land, von dem Volker Braun einmal
sagte, es sei in den Westen gegangen, und ist doch ein anderes, das am
Ort geblieben ist, und nur die Zeit ging über es hinweg: In
Plattenbauweise verewigt in Halden ... In unserm Vergehen wird bleiben/
Das Land wie es war. Die Herkunft aus dem Osten der Republik und das
Aushalten der stetigen Veränderung bilden das Spannungsfeld, das die
Gedichte Jan Kuhlbrodts gedanklich ausschreiten. Wagnis Warteschleife
benennt präzise die Ambivalenz zwischen der Treue zum Ort, die auch eine
Treue zu Menschen ist, und der Ruhelosigkeit des Geistes, der weite Wege
geht, in der Erinnerung wie in der Imagination. So bieten diese starken
und geschlossenen neuen Arbeiten Kuhlbrodts ein aufbewahrendes
Verzeichnis der flüchtigen Wahrnehmungen, aus denen sich unsere Leben
zusammensetzen.