Dieses Buch ist aus Vorlesungen entstanden, die ich seit drei
Jahrzehnten an der Eidgenössischen Technischen Hochschule für die
Studierenden des Bau- ingenieurwesens und der Vermessung, des
Maschineningenieurwesens und der Elektrotechnik gehalten habe. Es stellt
eine Neufassung der Bände I und II der Mechanik dar, welche seit 1946 im
gleichen Verlag (ursprünglich unter meinem und dem Namen meines
verehrten Lehrers und Vorgängers, Prof. Dr. ERNST MEISSNER) erschienen
ist. Ich habe den schon in der 3. Auflage der früheren Fassung
begonnenen Modemisierungsprozeß hier ein Stück weitergeführt und
versucht, das Buch theoretisch zu straffen und gleichzeitig in
methodischer Hinsicht den heutigen Bedürfnissen anzupassen. So wurde die
Kinematik, die ja unmittelbar an die Geometrie anknüpft und daher dem
Studierenden nur geringe Anfangsschwie- rigkeiten macht, an die Spitze
gestellt. Mit dieser Anordnung kann der Begriff der Leistung frühzeitig
definiert werden. Das bietet den Vorteil, daß sowohl die Statik wie die
Kinetik allein auf ein verallgemeinertes Reaktionsprinzip sowie das
Prinzip der virtuellen Leistungen gegründet und damit von zahl- reichen
überflüssigen Axiomen befreit werden können. Die beiden Prinzipien
lassen sich von Anfang an in einer für beliebige Körper gültigen Gestalt
formu- lieren, und damit kann auf die nur historisch gerechtfertigte,
sachlich aber an- fechtbare Praxis verzichtet werden, die Mechanik
räumlich ausgedehnter Körper aus derjenigen der Massenpunkte zu
entwickeln. Aus didaktischen sowie historischen Gründen erscheint es
freilich vernünftig, die Axiome der Punkt- mechanik zu erwähnen und auch
zu verwenden, auch wenn sie sich schließlich als Konsequenzen der beiden
genannten Prinzipien herausstellen.