Bei Michel de Montaignes 'Journal de voyage' handelt es sich um einen
Text der Fruhen Neuzeit. Erst 1774 hat Anne-Gabriel Meunier de Querlon
das in Franzosisch und Italienisch verfasste Tagebuch der Italienreise
Montaignes von 1580/81 publiziert und kommentiert, unterstutzt von
Giuseppe Bartoli. Bereits drei Jahre spater liegt eine anonym
erschienene Ubersetzung ins Deutsche vor, verfasst von dem reformierten
Prediger Johann Heinrich Friedrich Ulrich. Dieser ubertragt den Text
Montaignes sowie die Kommentare der franzosischen Erstausgabe und fugt
er daruber hinaus zahlreiche eigene Anmerkungen hinzu. In der deutschen
Ausgabe des Tagebuchs durchkreuzen sich somit in polyphoner Weise
Montaignes Original aus der Fruhen Neuzeit sowie de Querlons, Bartolis
und Ulrichs Kommentare aus dem 18. Jahrhundert. Die Studie widmet sich
der philologischen Rekonstruktion dieser Geschichte der Ubertragung von
Montaignes 'Journal de voyage'. Indem so die Stimme eines deutschen
Aufklarers in der Ubersetzung eines Textes aus der franzosischen
Renaissance vernehmbar gemacht wird, eroffnet sich ein frappierender
Zugang zu den facettenreichen kultur- und literaturgeschichtlichen
Diskursen des spaten 18. Jahrhunderts.