Die Zeit heilte keine Wunden, sie ließ aber in den Jahrzehnten nach der
NS-Diktatur die Täter weitestgehend ungeschoren davonkommen. Es gab auch
keine "Stunde Null", aber eine "zweite Schuld" der Verdrängung und
Verleugnung der nationalsozialistischen Verbrechen. Nahezu lückenlos
wurden die NS-Täter in die Nachkriegsgesellschaft wieder eingegliedert,
während die überlebenden Opfer, die angesichts des Entsetzens oft selbst
schwiegen, lange Zeit ignoriert wurden. Die Recherchen zu dieser
Dokumentation haben sich über viele Jahre erstreckt, weil
irrtümlicherweise angenommen wurde, dass fast alle Dokumente vernichtet
oder verloren gegangen seien. Hier wird erstmals die vollständige
Geschichte einer jüdischen Familie während des "Dritten Reiches" und der
Nachkriegszeit umfassend dargestellt. Dazu wurden mehr als achtzig
Archive in neun Ländern ausgewertet. Besonderen Stellenwert nahmen die
Wiedergutmachungsakten im Hessischen Hauptstaatsarchiv in Wiesbaden und
bei der Bezirksregierung in Düsseldorf ein. Die exemplarische
"Personalisierung" des Holocaust am Beispiel der Familie Aumann soll den
Lesern die unfassbaren Verbrechen stärker ins Bewusstsein rücken. Damit
wir nicht die Augen vor der Vergangenheit verschließen, soll die noch
immer zu beobachtende gesellschaftliche Verdrängung endlich einer
kollektiven Verantwortung weichen. Dazu werden vom Autor nicht nur die
Opfer, sondern auch die zahlreichen Täter genannt.