Die Diskussion urn ein adaquates Forschen in der Psychoana- lyse hat
noch nichts an Aktualitat und Brisanz eingebUBt, obwohl besonders seit
Anfang der siebziger Jahre die Zahl der wissenschaftstheoretischen
Publikationen zu diesem Thema wieder sprunghaft gestiegen ist. Dies
steht u. a. in Zusammenhang mit dem Faktum, daB sich die Psychoanalyse
jeder eindeutigen Zuschreibung zu einer wissenschaftlichen Disziplin mit
deren wertenden und methodologischen Konnota- tionen widersetzt - sie
ist eine Wissenschaft z w i s hen c den Wissenschaften, zwischen Natur
und Geisteswissenschaft, zwischen Biologie und Sozialwissenschaft,
zwischen Medizin und Kulturtheorie, zwischen Hermeneutik und
nomologischer Wissenschaft. Dieser Schwebecharakter der Psychoanalyse
(Lorenzer 1985) mit seinen klinischen und wissenschafts- theoretischen
Implikationen ist eine Ursache vieler ideo- logischer und
berufspolitischer Kontroversen und deren Manifestationen in
Spaltungsphanomenen innerhalb der psy- choanalytischen Geschichte. Vor
diesem Horizont sehe ich zwischenzeitlich auch die Spaltungen, die sich
Mitte der siebziger Jahre am ZUrcher Psychoanalytischen Seminar
vollzogen und mit deren Vor- geschichte und Auswirkungen ich mich immer
wieder kritisch auseinandersetze. Als damalige Assistentin an der Abtei-
lung fUr Klinische Psychologie der Universitat ZUrich und als Mitglied
des Psychoanalytischen Seminars wurde es mir zum Anliegen, in meiner
Auffassung von Psychoanalyse eine empirisch-klinische
Psychoanalyse-Forschung und ein kul- turtheoretisch bestimmtes
Verstandnis von Psychoanalyse zusammenzubringen, was sich u. a. in
komplexen methodolo- gischen Reflexionen in meiner Dissertation
manifestierte.