Brutpflege betreibende Säugetiere und Vögel erzeugen generell weniger
Nachkommen als solche Tiere, die sich nicht um ihren Nachwuchs kümmern.
Sie bleiben nach der Geburt länger bei ihren Nachkommen und investieren
viel in sie. Durch einen gegenseitigen Prägungsvorgang nach der Geburt
über verschiedene Sinnesmodalitäten wird eine starke und dauerhafte
Mutter-Kind-Bindung aufgebaut. Diese ist wichtig, wenn Mutter und Kind
sich in einer Herde wiederfinden müssen oder bei Arten, deren Junge sich
versteckt ablegen, wie es bei Rindern vorkommt. Eine gegenseitige
Erkennung durch auditorische Stimuli allein ist bei mehreren
Säugetierarten bekannt. In dieser Arbeit sollte untersucht werden, ob
Kühe Rufe der eigenen Kälber nach einer bestimmten Zeit von fremden
Kälberrufen unterscheiden können und sich dabei bevorzugt dem eigenen
Kälberruf nähern. Dazu dienten Wahlversuche mit dem Wiederabspielen
zuvor aufgenommener Kälberrufe oder unter Verwendung lebender Tiere. Da
sich die Verhaltensforschung an landwirtschaftlichen Nutztieren
zunehmend dem Tierwohlbefinden widmet, können neue Erkenntnisse über die
Mutter-Kind-Beziehung in der Milch- und Mutterkuhhaltung von großem
Nutzen sein.