Nach Einflihrung der ungebohrten Nagelung fur Femur und Tibia erschien
es logisch und konsequent, dieses biologisch und pathophysiologisch
vorteilhafte Prinzip auch auf den Humerusschaft anzuwenden. Das
Nagelungsprinzip war bisher am Hume- russchaft nicht unbekannt, fand
aber nicht die weit verbreitete Zustimmung, wie sie inzwischen an Femur
und Tibia festzustellen ist. 1m Gegenteil- sowohl die Indikation zur
Operation wie auch die Wahl des Operationsverfahrens werden bis heute
lebhaft und kontrovers diskutiert. Die Forderung nach biologischer
Osteosynthese, insbesondere nach frakturfernen operativen Zugangen und
weichteilschonenden Techniken, lasst die verschiedenen intramedullaren
Verfahren fur den Humerusschaft an Attraktivitat bedeutender wer- den.
Andererseits ist die Kritik an deren Stabilitat, insbesondere
Rotationsstabilitat, gerade im Vergleich zur Plattenosteosynthese nicht
zu verharmlosen. Die Entwicklung eines neuen Marknagelsystems flir die
Humerusschaftfraktur, des ungebohrten Humerusnagels (UHN), mit
statischen Verriegelungsoptionen, ver- spricht diesem Kritikpunkt
Rechnung zu tragen. Diese Stu die hat die Aufgabe, insbesondere flir den
Kliniker die Fragen zu beant- worten, die sich hinsichtlich der
Steifigkeit des Marknagelsystems im Knochen, also seiner
Stabilisierungspotenz im Falle einer Humerusschaftfraktur ergeben. Neben
den biomechanischen Kernstudien werden erste Ergebnisse im Umgang mit
diesem neuen Marknagelsystem und die Komplikationen bei den ersten
Einsat- zen des Nagels im operativen Alltag prasentiert. Eine kritische
Diskussion soli insbe- sondere das Indikationsspektrum des Nagels unter
dem Gesichtspunkt klinischer und biomechanischer Erfahrung und deren
Beleuchtung im Kontext aktueller wis- senschaftlicher Literatur
herausarbeiten. Dieses Manuskript entspricht grundlegend der
Habilitationsschrift des Erstauto- ren, die 1998 der Medizinischen
Fakultat der Johannes-Gutenberg-Universitat Mainz vorgelegt wurde.