Harmonisch nennen wir eine Gruppirung oder Gliederung, die unser Geist,
als seinem Wesen und den Sinnen angepasst, dem Gemiith wohlthuend aus
der Welt der Erscheinungen auswahlt oder, die Aussenwelt verandernd,
schafft. In dieser Auswahl und diesem Schaffen bilden unser Sinn, unser
Geist und Gemiith ihr Wesen ab und wir konnen deren Eigenart in diesem
Bild studiren. Jeder Sinn zeigt mehr oder minder deutlich erkennbar
seine Harmonie. Am vollkommensten das Gehor im Geniessen und Schaffen
der zur Musik gruppirten Tone; dann das Gesicht im Auswahlen und Ordnen
der Farbcn uncl raumlichen Massen zu Werken cler bilclenden Kunst. Aber
auch der Geist uncl das Gemiith als Ganzes lassen eine Harmonie
erkennen, geniessend und schaffend. Es zeigt sich nun clie Harmonic in
ihren verschiedenen Formen beherrscht clurch ein einfaches Erscheinungs-
und Entwicklungs -Gesetz, das Gesetz der Complication. Dasselbe Gesetz
aber finden wir objectiv bei der Differenzirung der Naturgebilde yom
Einfachen zum fein Gegliederten, so bei den Tonen, den Farben und,
besonders scharf pracisirt, bei clen Krystallen. H ar m 0 n i e ist clie
Concordanz zwischen der Aussenwclt und unserem Gemiith, vermittelt durch
cine Concordanz mit den Sinnen und dem Geist. Solche Concordanz
cmpfinden wir als wohlthuend. Sie ist uns deshalb er- wiinscht, und der
\i\Tunsch ist der Antrieb zum harmonischen Schaffen.