Die erste deutsche Ubersetzung von Vergils 'Aeneis' uberhaupt ist die
des Franziskaners, promovierten Theologen, Juristen und poeta laureatus
Thomas Murner (1475-1537). Ihre kultur- und literarhistorische Bedeutung
dokumentiert sich einerseits durch ihre Zugehorigkeit zum Umfeld des
Widmungstragers Kaiser Maximilians I., andererseits durch den bewusst
inszenierten humanistischen Gestus des Verfassers: Murner habe Vergils
Werk, so die Vorrede, von latynschem todt in tutsches leben erquicket.
Mit der vorliegenden Arbeit wird das langjahrige Desiderat - eine
Edition von Murners Werk - eingelost. Sie bietet die deutsche 'Aeneis'
in dem von Murner angezielten historischen Benutzungsmodus: Dem
deutschen Text wird synoptisch Murners lateinische Vorlage
gegenuberstellt. Weil Murners 'Aeneis'-Ubersetzung zu den 'ungelesenen'
Texten der Fruhen Neuzeit gehort, greifen die Untersuchungen eine Reihe
von Themensegmenten auf, die der Forschung mogliche Richtungen weisen
und Wege bahnen konnen.