Von Tag zu Tag spielen die beiden Hauptprincipien der Thermodynamik in
allen Zweigen der philosophischen Natur- betrachtung eine grössere
Rolle. Die kühnen Theorien, die noch vor 40 Jahren galten und mit
Molekular-Hypothesen verquickt. waren, sind heutzutage verlassen worden,
und man sucht auf der Thermodynamik allein das ganze Gebäude der
mathematischen Physik aufzubauen. Sind aber die Lehrsätze von R. Mayer
und von Clausius, diese beiden Hauptstützen des Gebäudes, fest genug
begründet, um dasselbe für absehbare Zeit tragen zu können? Niemand
zweifelt daran, aber worauf gründet sich diese Zuversicht? Ein
bedeutender Physiker sagte mir eines Tages gelegentlich einer
Besprechung über das Fehlergesetz: "Jedermann glaubt fest an dasselbe,
da die Mathematiker meinen, es sei eine Beob- achtungsthatsache, die Be
0 b ach te r hingegen, es sei ein mathe- matisches Gesetz". So verhielt
es sich auch lange Zeit mit dem Princip von der Erhaltung der Energie.
Heute ist dem nicht mehr so, vielmehr weiss Jedermann, dass dies Gesetz
aus experi- mentellen Thatsachen abgeleitet ist. Was berechtigt uns dann
aber, dem Princip selbst eine grössere Allgemeinheit und Genauigkeit
zuzuschreiben, als den Versuchen, auf die es begründet ist? Dies kommt
auf die Frage hinaus, ob es über- haupt erlaubt ist, die empirischen
Thatsachen, wie es gewöhnlich zu geschehen pflegt, zu verallgemeinern,
und ich bin nicht verwegen genug, diese Frage, an deren Lösung schon so
viele Philosophen ver- geblich ihre Kraft versucht haben, hier zu
erörtern.