Überblick über die Arbeit: Die Theorie rationalen Handeins stellt die
zur Zeit prä- ferierte Mikrotheorie der im Rahmen des methodologischen
Individualismus ope- rierenden Sozialwissenschaften dar. Aufgrund der
präzisen Formulierung der hand- lungsleitenden Variablen, den
umfangreichen Anleitungen zur funktionalen Präzisie- rung, der
grundsätzlich gegebenen Allgemeinheit ihrer Aussagen sowie der Mög-
lichkeit, das Grundprinzip des Ansatzes auf die Theorie selbst
anzuwenden, bietet sie nach Meinung zahlreicher Autoren die zur Zeit
besten Möglichkeiten, die nomo- logische Basis in der
Mehrebenenmodellierung sozialer Prozesse zu begründen. Zumindest hat sie
die Einsicht in die Möglichkeiten der expliziten Mikrofundierung
sozialwissenschaftlicher Analysezusanunenhänge aktualisiert. In dieser
Perspektive steht die Theorie rationalen Handeins als ein
empirisch-erklärender Ansatz im Mit- telpunkt dieser Arbeit. Es geht um
ihre konzeptionellen Grundlagen, die empiri- schen Anwendungsprobleme in
der quantitativen Sozialforschung und die Integration von Phänomenen der
kognitiven oder bereichsspezifischen Rationalität, für die H. A. Sirnon
etwas pejorativ die Bezeichnung 'beschränkte Rationalität' geprägt hat.
Der traditionelle Ansatz erweist sich für die Beschreibung und
Einbindung dieser Aspekte allerdings als zu eng: Das experimentelle
Spiel ftlr einen 'Homo Oecono- micus', der Entscheidungen mit maximaler
Information und ohne besonderen Einfluß der Situation nach dem einfachen
Prinzip des Erwartungsnutzens trifft, kann nicht generelles Progranun
fllr die Erklärung der Überlegens-und Enscheidungsprozesse der Menschen
unter natürlichen Bedingungen in Alltagssituationen sein. Die Ver-
wendung von Rational Choice in der empirischen Sozialforschung
impliziert viel- mehr einen integrativen Zugriff, der hinsichtlich der
grundlegenden Annahmen eine (Re-) Kognitivierung des Konzepts
voraussetzt.