Diese Arbeit entstand aus der Enttauschung bei der Lektiire hand-
lungstheoretischer Texte. Theorien sozialen Handelns erheben durch- weg
den Anspruch, allgemeine Theorie zu liefern, d. h. Gesellschaft auf
allen Ebenen durchgangig bestimmen und erklaren zu lassen. Es gelingt
jedoch kaum, diesen weitgesteckten Anspruch einzuliisen, wie schon eine
Anwendung der iiblichen handlungstheoretischen Konzepte auf gedankliche
Konstruktionen von Gesellschaftlichem zeigt. Schon an diesem Gegenstand,
noch vor allen gebotenen Untersuchungen konkre- ter gesellschaftlicher
Tatbestande, lassen die Handlungstheoretiker durchgangige Begriffs- und
Aussagensysteme vermissen, die geeignet waren, die wichtigsten, dem
Alltagsdenken viillig gelaufigen Aspekte von Gesellschaft zu analysieren
und zu erkHiren. In den jeweils zweiten Abschnitten der Teile I bis III
werden neben den Vorziigen diese Man- gel einzelner sehr bekannter und
verbreiteter Handlungstheorien be- sprochen. Man kiinnte sich mit dieser
Kritik begniigen, Theorien sozialen Han- delns kurzerhand verwerfen und
sich anderen Konzepten wie gesell- schaftstheoretischen oder
systemtheoretischen Ansatzen zuwenden. Dazu wird allemal geraten. Davor
laBt jedoch die Plausibilitat hand- lungstheoretischer Uberlegungen bei
der Bestimmung und Erklarung von Situationen alltaglichen Lebens warnen,
denn dort haben sie zwei- fellos ihren Wert. Es fehlt nur eine
Perspektive, die die Untersuchungen solcher Situationen aufeinander
bezieht, die entscheiden laBt, ob hier eine Theorie vorliegt, die
viillig unterschiedliche Situationen, die zu- sammen die Gesellschaft
bilden, in Analyse und Erklarung erhellt.