Es ist wahrscheinlich, dass die Lektüre dieses Buchs die Leser und
Leserinnen zunächst enttäuscht. Diese Einschätzung ergibt sich aus
Mutmaßungen über die Wahrnehmung des Begriffs "Soziale Probleme". Er
stimmt uns auf Alltägliches ein. Soziale Probleme sind Themen der
Zeitungen, des Fernsehens, des Radios. Ihren Mitteilungen entnehmen wir
z. B., dass Armut und Kriminalität zugenommen haben, dass sich der
Alkoholismus verbreitet. Von alledem wissen wir etwas, wir haben
Vorstellungen über die Ursa- chen dieser Probleme, vielleicht auch
Vorschläge zu deren Lö- sung. Wir interessieren uns rur diese Dinge. Hin
und wieder wol- len wir mehr wissen. Armut z. B. gilt als eine der
Ursachen von Kriminalität. Aber worin genau besteht dieser Zusammenhang?
Oder: Ist Alkoholismus noch wesentlich "Elendsalkoholismus" oder eher
schon "Wohlstandsalkoholismus"? Fragen dieser Art beantwortet dieses
Buch nicht. Es geht viel- mehr um das Gemeinsame dessen, was wir soziale
Probleme nen- nen. Nur am Rande sind damit begriffliche Abstraktionen
gemeint. Gefragt wird eher nach den Umständen, unter denen Phänomene als
soziale Probleme verstanden werden. Dieses Fragen folgt nicht den
Profilierungsneigungen einer noch jungen speziellen Soziologie. Der
Gegenstand legt es nahe. Ant- worten auf noch so intensives Fragen nach
den Umständen, unter denen soziale Probleme entstehen, auf das Fragen
nach den Ursa- chen von Armut, Kriminalität und Alkoholismus etwa,
würden ja nichts darüber sagen, warum diese Phänomene als problematisch,
eben als soziale Probleme gelten. Dieses Fragen nimmt das Prob-
lematische dieser Phänomene als gegeben hin.