Der Sozialstaat bildet seit mehr als zwei Jahrzehnten in Deutschland wie
auch in anderen Industrieländern einen zentralen Gegenstand der
öffentlichen Diskussion. Man spricht vom notwendigen Umbau, von der
Krise, ja vom Ende des Sozialstaates, der - so wird vielfach
argumentiert - eine schwere Hypothek des Wirtschaftsstandorts
Deutschland darstelle, die die internatio- nale Wettbewerbsfähigkeit in
einer Zeit der Globalisierung entscheidend schwäche. Die vorliegende
Studie behandelt die Geschichte des deutschen SOzlalstaa- tes. Indem sie
die Prägung des heutigen deutschen Sozialstaates durch seine Geschichte
herausarbeitet, will sie auch einen Beitrag zur gegenwärtigen Diskussion
über dessen Reform leisten. Diese muß meiner Meinung nach ein neues
Gleichgewicht zwischen einer gestärkten Eigenverantwortung der Bürger,
der Hilfe durch untere gesellschaftliche Einheiten, die im Einklang mit
dem Prinzip der Subsidiarität aktiviert werden sollten, und der
gesamtge- sellschaftlichen Solidarität suchen. Dabei kommt einer am
Gemeinwohl aus- gerichteten und die Zukunft gestaltenden Politik eine
wichtige Rolle zu. Sie darf sich nicht nur vom Parallelogramm der
ökonomischen und sozialen Kräfte bestimmen lassen oder die bestehenden
sozialen Institutionen lediglich verwalten. Von der Gestaltungskraft der
Politik wird es wesentlich abhängen, ob die Integration der Gesellschaft
weiter funktioniert, unsere pluralistische Demokratie neu belebt oder im
Falle des Scheiterns der Reformen ein Aus- weg aus der sich
verschärfenden sozialen und wirtschaftlichen Krise durch autoritäre
Regierungsformen gesucht wird.