Der deutsche Bauernkrieg von 1525 hat in der
geschichtswissenschaftlichen Forschung zur Fruhen Neuzeit grosste
Aufmerksamkeit gefunden. Nur am Rande hingegen wurde registriert, dass
er auch in der Dichtung des deutschen Humanismus ein Thema war. Im
Mittelpunkt der vorliegenden Studie stehen insgesamt 18 bisher wenig
beachtete neulateinische Dichtungen des 16. Jahrhunderts, die auf den
Aufstand des "Gemeinen Mannes" naher eingehen und dabei eine
bemerkenswerte Vielfalt der literarischen Gestaltungsformen und
Deutungsansatze erkennen lassen. Durch die Transposition des
Zeitgeschehens auf die poetische Ebene des humanistischen carmen
abstrahieren die Dichter von den historischen Begebenheiten und eroffnen
sich damit Freiraume, um die literarische Gestaltung und die (je nach
politisch-konfessioneller Perspektive unterschiedliche) Deutung und
Einordnung der Ereignisse in den Vordergrund treten zu lassen: Die
Autoren zeichnen literarische "Bilder vom Bauernkrieg", die nicht nur
das historische Geschehen, sondern auch dessen Bewusstwerdung, Bewertung
und Instrumentalisierung in der Zeit nach 1525 widerspiegeln. Pragend
erweist sich daruber hinaus die sprachliche und formale Anlehnung an die
als vorbildlich empfundenen Modelle der antiken Literatur. Das Spektrum
reicht von historisch-panegyrischen Dichtungen (Epos, Kasuallyrik) uber
hexametrische Konfessionspolemiken bis zu spezifisch humanistischen
carmina, welche die Mittel elegischer, bukolischer und dramatischer
Dichtung nutzen, um zu den aktuellen Ereignissen in teilweise kritischer
Distanz Stellung zu nehmen. Die Untersuchung der Einzelschriften, die in
den ubergeordneten Kontext der politischen, konfessionellen und
humanistischen Debatte uber den Bauernkrieg nach 1525 eingeordnet
werden, ergibt ein facettenreiches Gesamtbild, das zur
interdisziplinaren Erforschung des historischen Phanomens beitragen und
zugleich auf die thematische wie formale Vielfalt neulateinischer
Dichtung im 16. Jahrhundert verweisen will.