Paragraph 3 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland ent- hält
seit 1994 den Passus, dass niemand wegen seiner Behinderung
benachteiligt werden dürfe. Die soziale Integration von Behinderten bzw.
die Verbesserung dieser Integration sind somit als Aufgaben von
verfassungsrechtlichem Rang bestimmt, die sich an alle Bürgerinnen und
Bürger richten. Dieses einfache, wenngleich wichtige Postulat ist
Grundlage für die Ausführungen des gesamten Buches. Für die Päda- gogik
ergibt sich aus dem Postulat eine besondere Verantwortung. Sie hat die
Aufgabe, die gesellschaftliche Integration von Behinderten vorzubereiten
und sie gegebenenfalls über die schulische Integration zu verwirklichen.
Eine schulische Integration, die diesen Namen ver- dient, kann nur
gelingen, wenn Sonderpädagogik und Allgemeine Di- daktik sich über ihre
unterschiedlichen wissenschaftlichen und pra- xisbezogenen Perspektiven
von Integration auseinandersetzen und diese Perspektiven in das
gemeinsame Projekt schulischer Integration von behinderten Kindern und
Jugendlichen einbringen. Die Integration von Behinderten geht alle
Pädagoginnen und Päda- gogen an! Die Bedeutung der pädagogischen
Integrationsaufgabe lässt sich präzisieren, das heißt, hervorheben und
eingrenzen. 1) Die in den Schulgesetzen der Bundesländer vorgesehene
schulische Integration von Behinderten stellt keinen Selbstzweck dar,
wie auch die Schule ihren Zweck nicht in sich selbst hat, sondern einen
gesellschaftlichen Auftrag erfüllt. Schulische Integration von Be-
hinderten ist dann legitim und als unabdingbar zu fordern, wenn sie
tatsächlich die gesellschaftliche Integration von Behinderten in au-
ßerschulische und nachschulische Lebensbereiche fördert. Auch wenn es
selbstverständlich sein sollte zu überprüfen, ob eine solche
Interdependenz von schulischer und gesellschaftlicher Integration
besteht, wurde dies in der Vergangenheit oft versäumt.