Die Zahl der Ehescheidungen in der alten Bundesrepublik liegt in den
letzten Jahren konstant tiber 125. 000 pro Jahr. Je nach benutztem
Schiitzverfahren werden von 100 heute geschlossenen Ehen im Laufe der
Zeit 25 bis 50 wieder geschieden. Ftir die USA gehen Schiitzungen davon
aus, daB bis zu 2/3 aller heute geschlossenen Ehen in einer Scheidung
enden (Martin/Bum- pass 1989: 49). Pro Jahr werden circa 100. 000 Kinder
in den alten Bundes- liindern dadurch zu sogenannten Scheidungswaisen.
Da (noch?) eine relativ groBe Wiederverheiratungsneigung bei den
Geschiedenen besteht, ergeben sich durch diese Entwicklungen giinzlich
neue Familienstrukturen. Primiire Bindungen werden instabil, neue
Beziehungsmuster werden moglich. Die noch als Regel zu betrachtende
Kernfamilie konnte sich bald als die Aus- nahme erweisen (vgl. etwa flir
die USA Demo/Acock 1991). Diese Entwicklungen, die hiiufig zur
Charakterisierung der heutigen Si- tuation der Familie und ihres Wandels
dienen, veriindern eine der grund- legenden sozialen Institutionen
moderner Gesellschaften in wesentlichen Elementen. Auslosendes Ereignis
der skizzierten Trends und Veriinderungen ist dabei die Ehescheidung.
Wiihrend gegen Ende des letzten Jahrhunderts die Zahl der
Ehescheidungenje 10. 000 Einwohner in Deutschland noch zwi- schen 1. 3
und 1. 7 schwankte, liegen diese Ziffern gegen Ende der achtziger Jahre
dieses Jahrhunderts bei circa 20 Scheidungenje 10. 000 Einwohner pro
Jahr. Die Steigerung der Scheidungsziffern nahm dabei -wenn man von den
allerdings betriichtlichen Schwankungen nach den Weltkriegen und als
Folge der Reform der Scheidungsgesetze 1977 absieht -fast linear zu.
International lassen sich fast tiberall iiquivalente Entwicklungen
feststellen.