Über die "vergessenen Institutionen" klagte ein Buch dieses Titels in
den siebziger Jahren. Politische Soziologie, politische Kulturforschung,
politische Ökonomie überwucherten die eigentliche Substanz der Politik:
die politischen Institutionen. Die Gefahr einer Auflösung jeglichen
Politikbegriffes wurde nicht nur in der politischen Analyse, sondern
auch in der politischen Realität der siebziger Jahre aufgespürt:
Unregierbarkeit war der drohende Schatten, der sich über die politischen
Institutionen werfe, da die Anspruchsmentalität der
Wohlstandgesellschaft und der Interessenimperialismus der
Verbandsgewalten eine ausgewogene gemeinwohlorientierte Politik
unmöglich machten. Die ver- gessenen Institutionen sind zum Ende der
achtziger Jahre längst wieder aufge- wacht - in Wissenschaft und
Politik. In der Politik sind neue soziale Bewegun- gen wieder stärker
institutionalisiert, alternative Parteien in Regierungsbünd- nisse
eingebunden, und in der Wissenschaft redet man längst vom neuen
Institutionalismus. In dieser Situation begrüßen wir als Herausgeber der
Reihe "Grundwissen Politik" ganz besonders den neuen Band von Manfred G.
Schmidt "Regieren in der Bundesrepublik Deutschland". Er fragt danach,
wie Regierungen gebildet werden, wer zu ihnen gehört, welche Kompetenzen
sie haben, was Regierungen tun und lassen, sowie nach den Leistungen,
Defiziten und Grenzen von Theorie und Praxis der Regierungspolitik in
der Bundesrepublik. Hierzu bietet das Buch viel Stoff zum Aufarbeiten,
aber auch zum Nachdenken. Es ist ein Lehrbuch und zugleich ein
Theorievorschlag. Manfred Schmidts "erweiterter politisch-
institutionalistischer Ansatz" bündelt theoretische Perspektiven, um
über Insti- tutionen, Strukturen und Prozesse Politik zu erklären.