Mit der Agenda 2010 hat Bundeskanzler Gerhard Schröder zu Beginn seiner
zweiten Amtszeit einschneidende Reformen in der Sozialpolitik
durchgesetzt - auch und gerade gegen massiven Widerstand aus den eigenen
Reihen. Gerade zu Beginn des Agenda-Prozesses ist dabei in seltener
Transparenz deutlich geworden, wie komplex der politische Alltag ist,
welche schwierigen taktischen Entscheidungen binnen kürzester Zeit
getroffen werden müssen und wie um Macht und Inhalte vor und hinter den
Kulissen gerungen wird. Politik erscheint damit abseits fiskalischer
Sachzwänge bedeutend akteurszentrierter als dies in der deutschen
Politikwissenschaft gemeinhin theoretisch konzipiert wird. Die Genese
der Agenda 2010 macht deutlich, dass nicht nur eine interdisziplinärere
Ausrichtung des Faches, sondern auch ein neues Nachdenken über
Reformpolitik und die Rolle der sie tragenden politischen Akteure
zwingend notwendig ist.