Liest man J. R. Seeleys oft zitierte Formel: 'Political Science without
History has no root. History without Political Science bears no fruit'
etwa in dem Sinne, daß hier 'History' für 'History of Ideas' steht, so
mag damit zutreffend ein mögliches Verhältnis von politischer
Theoriengeschichte zu den empirischen Teilen der Politikwissenschaft
bezeichnet sein, dessen Triftigkeit freilich kaum mehr als
selbstverständlich akzeptiert werden dürfte. Angesichts der während der
vergangenen Jahre vollzogenen praxis- orientierten Professionalisierung
der deutschen Politischen Wissenschaft kann eher ver- mutet werden, daß
die politische Theoriengeschichte in eine für die Gesamtentwick- lung
des Faches zunehmend marginale Rolle geraten ist, die ihre Existenz zwar
nicht gefährdet, sie aber gleichwohl zu einem - im Zweifelsfalle
vielleicht sogar verzicht- baren - Orchideenfach der Disziplin werden
lassen könnte. So mag es vielleicht nütz- lich sein, sich dieser
Teildisziplin als eines Kernbereichs der Politischen Wissenschaft zu
erinnern, sich ihrer Leistungen und Möglichkeiten, auch ihrer
Versäumnisse zu ver- gewissern und wenigstens in Umrissen ihre
vergangene wie zukünftige Entwicklung zu bestimmen. Das hier vorgelegte
Sonderheft möchte einen Beitrag zur Bilanz, aber auch zur Perspek- tive
der politischen Theoriengeschichte leisten. Im ersten Teil sind Beiträge
versammelt, die das Verhältnis ideengeschichtlicher Forschung zu
Nachbardisziplinen thematisie- ren, gefolgt von Überlegungen, die Fragen
von Interpretationskonzepten behandeln. Der dritte Teil faßt Aufsätze
zusammen, die sich einerseits der außerdeutschen For- schung zuwenden,
andererseits die Lage der deutschen ideengeschichtlichen Forschung
beschreiben und bewerten.