Noch heute stellt der patho-anatomische Gesamtbefund das mit Abstand
sicherste Untersuchungsergebnis innerhalb der Medizin dar. Dieser
hervorstechende Vorzug hat in der Vergangenheit viele Autoren sog.
Obduktionsstatistiken ver- anlaBt, die Ergebnisse ihrer Untersuchungen
auf die (vermutete) Bevolkerung zu verallgemeinern. Die hieraus
resuItierenden, bereits "klassisch" gewordenen Fehlschliisse haben zu
einer umfangreichen Literatur AnlaB gegeben. Versteht man unter einer
klinischen Diagnose eine arztliche Handlungsanleitung, welche mit einem
moglichst groBen operationalen Inhalt auszustatten ist, so darf man
feststelIen, daB diese Definition in der Regel der pathologischen
Anatomie und dem hier angestrebten arztlichen Gesamturteil nicht gerecht
wird. Und dies scheint der eigentliche Vorzug der patho-anatomischen
Diagnostik: Die patho- anatomische Diagnose enthaIt ein Maximum an
Information dessen, was man als Krankheitseinheit bezeichnen konnte. Die
Relativierung geschieht nicht - wie am Krankenbett - durch den
arztlichen Handlungsauftrag, sondern durch die retrospektive Gesamtschau
und Synthese mit der klinischen Symptomatik. Eine fruchtbarere
Informationsverdichtung ist im Augenblick in der Medizin nicht gegeben.