Die von fachkundiger Seite schon seit längerem geäußerte Befürchtung,
daß der Anteil der Geometrie am Mathematikunterricht verhängnisvoll
abnehme, und damit jene Diszi- plin vernachlässigt werde, deren
"anschauliche Evidenz" gerade flir die Didaktik un- entbehrlich ist,
findet zunehmend Beachtung. Die Gründe für diese Entwicklung sind sicher
vielschichtig. Nur zum T eil trägt die Zielvorstellung einer völligen
Algebraisierung der Geometrie (im Sinne Dieudonnes) dazu bei, daß in
wachsendem Maße der Geometrie lediglich noch eine anschaulich-heu-
ristische Hilfsfunktion zugebilligt wird, und von ihrer "Autonomie" (s.
Behnke [4]) im Unterricht kaum noch gesprochen werden kann. E n t s c
h eid end scheint vielmehr die Tatsache zu sein, daß an den Hochschulen
(aber auch Universitäten!) kaum Veranstaltungen angeboten werden, die
dem künftigen Lehrer die Grundlagen seiner Schulgeometrie vermitteln.
(Es soll Hochschulen geben, in deren Katalog der obligatorischen
Vorlesungen die Lineare Algebra dereinzige Beitrag zur Geometrie ist. )
Andererseits hat ein StudienanHinger in der Regel die Geometrie zuvor
eher im Sinne einer Naturwissenschaft kennengelernt, da zu Recht ein
axiomatischer Aufbau der Schulgeometrie abgelehnt wird. So sieht er die
Notwendigkeit eines Studiums der Axiomatischen Geometrie nicht so recht
ein: Sie erscheint ihm entweder la n g w e - li g, wenn sie ihm nach
mühevoller . "Iogischer Akrobatik" doch nur die "Trivialitäten" der
euklidischen Geometrie begründet; oder aber zu ab s t r akt, da eine
Ver- wandtschaft zu der "einzig gültigen" Schulgeometrie flir ihn nicht
mehr erkennbar ist.