"Es ist Pflicht der Menschlichkeit, keine morderischen Werkzeuge und
Waf- fen zu liefern, und sie, wenn darum gebeten wird, zu verweigern"l.
Dieser Satz wurde vor genau zweihundert Jahren von einem Vertreter der
aufklare- rischen Philosophie geschrieben, konnte aber - gerade in
seinem Idealismus - auch als prototypisch fUr die heute in der breiten
Offentlichkeit wie in weiten Teilen der Wissenschaft, vor aHem der
zeitgenossischen Friedens- und Konfliktforschung, vorherrschende
Auffassung gelten. Nun ist die hin- ter dem "Menschlichkeits"-Pathos
dieses Satzes durchscheinende Gesin- nungsethik nicht unbedingt die
dominante Haltung in der praktischen Poli- tik - und dies wohl mit guten
Grunden. Der von John Westlake im Eingangs- zitat beschworene "Nachteil
von ganz ungewohnlicher GroBenordnung"2, der aus einer derart nach
Kriterien der reinen Gesinnungsethik formulierten Regel erwuchse, wird
von den Pragmatikern der Politik wie von den Anhan- gern der
"realistischen" Schulen der Politikwissenschaft immer wieder be-
schworen - ohne daB damit die Gegner des "Realismus" wirklich zu uber-
zeugen waren. Gerade die Volkerrechtswissenschaft kann von diesem
Grundlagenstreit nicht vollig verschont bleiben, wenn er sich auch in
ihren Reihen nur in eher verdeckter Form auswirkt. Das Neutralitatsrecht
enthalt schlieBlich seit lan- ger Zeit einen Komplex von Regeln zur
Frage der Waffenlieferungen Neu- traler an kriegfuhrende Staaten. Wie
der Bestand dieser Normen im Verlaufe der neueren Entwicklung des
Volkerrechts verandert worden ist, bildet seit Jahrzehnten den
Gegenstand einer heftigen Kontroverse.