\Als Grundstock der Lider ist bekanntlich die Fascia tarsoorbitalis zu
betrachten, eine dichte sehnige Haut, welche, ringsum vom Periost des
Orbitalrandes ausgehend, die Vorderöffnung der Augenhöhle bis auf die
quere Lidspalte abschliesst und daher auch Septum orbitale genannt wird.
Die beiden Tarsi sowie das innere und das äussere Lidband sind
eigentlich nur Verdichtungen dieser Aponeurose, keine selbstständigen
Gebilde. Ich habe in dem ersten Hefte dieser Abhandlungen auf die
schweren Übelstände, welche der herkömmlichen augenärztlichen
Nomenklatur anhaften; und auf die Notwendigkeit hingewiesen, die
oculistischen Krankheitsnamen mit jenen der übrigen medizinischen
Zweigwissenschaften in grössere Übereinstimmung zu bringen oder doch
wenigstens in ihrer Bedeutung richtig zu stellen. Es wurden daselbst
vorerst bloß die entzündlichen Krankheiten des Auges besprochen und
dargetan, dass die betreffenden pathologischen Vorgänge und Zustände in
der Kegel weit über das Gebiet hinausgreifen, welches die bisher
beliebten Namen decken. Im Nachstehenden soll von den Statopathien die
Rede sein, welche unter der Bezeichnung Entropium und Ektropium in den
Lehrbüchern als zwei wohl umschriebene besondere Krankheiten geführt
werden, während die eine wie die andere höchst verschiedenartige
Zustände in sich fasst, welche sowohl in Bezug auf ihre äussere
Erscheinung, als in Betreff ihres inneren Wesens stark von einander
abweichen und als Symptome völlig verschiedener Grundleiden strenge
genommen in ganz differente Abschnitte der Ophthalmologie gehören.\
[...] Dieses Buch über neue Abhandlungen aus dem Gebiete der
praktischen Augenheilkunde ist ein unveränderter Nachdruck der
Originalausgabe von 1885. Illustriert mit 56 historischen Abbildungen.