In einem früheren Forschungsbericht haben wir (GRAF, PIRTKIEN, RUTEN-
FRANZ und ULiCH [17]) über nervöse Belastungen berichtet, die den
arbeitenden Menschen bei Nacht- und Schichtarbeit betreffen. Damals
konnte gezeigt werden, daß als Ursache dieser speziellen Belastungsform
die Diskrepanz zwischen der endogen gesteuerten Tagesperiodik
physiologischer Funktionen und der zeitlichen Lage von
Arbeitsanforderungen angesehen werden muß. Die nervöse Belastung von
Nacht- und Schichtarbeit liegt darum in der Tat- sache begründet, daß es
eine Angleichung der 24-Stunden-Periodik von Körper- funktionen unter
diesen Bedingungen nicht gibt, da die entscheidenden Zeitgeber für die
Tagesperiodik physiologischer Funktionen beim Menschen: Zeitbewußt- sein
und sozialer Kontakt [1,27] bei Nacht- und Schichtarbeit nicht
geändert werden können. Aus diesem Grunde findet keine Synchronisation
zwischen zeitlicher Lage der Arbeitsanforderungen und dem Tagesgang der
physiologischen Funktionen statt. Der Arbeiter ist vielmehr gezwungen,
durch Rückgriffe auf Einsatzreserven eine im wesentlichen durch
Willenseinflüsse gesteuerte Anhebung der physio- logischen
Leistungsbereitschaft zu vollziehen, um den - vor allem bei Nacht-
arbeit - relativ zu seiner momentanen Leistungsbereitschaft
notwendigerweise überhöhten Arbeitsanforderungen entsprechen zu können.
Ein ähnlicher Vorgang kann mit im Spiel sein, wenn der arbeitende Mensch
bei taktgebundener Arbeit gezwungen ist, sich mit dem starren
Arbeitstakt eines Bandes auseinanderzusetzen. In mehreren
vorausgegangenen Veröffentlichungen hat der eine von uns (GRAF [9,10,
11, 12, 13, 16]) gezeigt, daß diese Problematik nicht nur bei
taktgebundener Arbeit auftritt, sondern auch bei freier Arbeit,
insbesondere bei Akkordarbeit, vorkommen kann.