Der Begriff "Sustainable Devopment" oder "Nachhaltige Entwicklung" setzt
sich seit der Veröffentlichung des Brundtland-Berichts "Our Common Fu-
ture" (1987) zunehmend als Metapher für ei ne neue globale Entwicklungs-
perspektive durch, die eine Antwort auf zwei, eng miteinander verzahnte
Problemlagen zu geben versucht: die Globalität der ökologischen Krise
und die Verschärfung sozialer Ungleichheit im Nord-Süd-Verhältnis. Durch
das von fast allen Staaten der Welt unterzeichnete AbschluBdokument
(Agenda 21) der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de
Janeiro 1992 erhielt diese Leitvorstellung gesellschaftlicher
Entwicklung einen hohen Grad offizieller Verbindlichkeit und ei ne
Mobilisierungkraft, die inzwischen auch in Deutschland weit über die
umwelt-und entwicklungspolitische Szene hinausreicht. Der seit Mitte der
achtziger Jahre auf die ökologische Moder- nisierung der Wirtschaft
fokussierte Umweldiskurs wird damit systematisch mit sozialen
Verteilungsgfragen verknüpft. In ein bislang auf ökonomische und soziale
Aspekte fokussiertes Entwicklungsverständnis werden umgekehrt
ökologische Aspekte, die systematische Beobachtung und Steuerung der
Wechselwirkung zwischen Gesellschaft und Natur, integriert. Das eröffnet
ein neues Terrain globaler, gesellschaftlicher Konflikte über das
erstrebte Modell von Moderne, über die, angemessene' Art der Verknüpfung
von ökologischen, ökonomischen und sozialen Entwicklungsdimensionen. Die
Soziologie hat sich dieser Debatte - wie bereits der ökologischen Frage
zuvor - bisher wenig angenommen. Dafür gibt es systematische Grün- de.
Einer davon ist, daB die Thematik quer zum überkommenen, arbeits-
teiligen Zuschnitt industriegesellschaftlicher wie soziologischer
Problembe- arbeitung liegt.