Seit der Verschlechterung der Ost-West-Beziehungen und der Zunahme von
Spannungen zwischen den Supermachten urn die Wende von den 70er zu den
80er Jahren ging in der Bundesrepublik Deutschland eine fast zwanzig
Jahre wahrende Phase der Tabuisierung der westlichen Sicherheitspolitik
zu Ende: die oft beschworene sicherheitspolitische Offentlichkeit war
ziemlich platz- lich hergestellt, doch urn den Preis einer tiefen
Polarisierung. Den Beginn der Koalition des herrschenden
sicherheitspolitischen Einverstandnisses mar- kierte die Rede Herbert
Wehners im Deutschen Bundestag vom 30. 6. 1960, als er nach iiber einem
Jahrzehnt des Widerstrebens gegen die Einbeziehung Westdeutschlands in
das transatlantische Sicherheitssystem fiir die Sozialde- mokratie
erklarte, das Faktum der Westintegration und v. a. die Mitglied- schaft
in der NATO zur Grundlage der eigenen Politik machen zu wollen.
Riickschauend spricht vieles dafiir, die Rechtfertigung dieses
Kurswechsels in der spateren Regierungsverantwortung der SPD sowie in
der dadurch erst er- maglichten Ostpolitik zu erblicken. Beides - die
Stabilisierung des parla- mentarischen Regierungssystems durch den
gelungenen Machtwechsel in Bonn eben so wie die Bemiihungen urn eine
Stabilisierung des Gegnerschafts- verhaltnisses zwischen Ost und West im
Zuge der Entspannungspolitik, zu der die bundesdeutsche Ostpolitik nicht
wenig beitrug - rief ein seit Ende des Zweiten Weltkrieges nicht
gekanntes Sicherheitsgefiihl in der Bevolke- rung hervor, das von
konservativer Seite vergeblich als triigerisch kritisiert wurde und auch
durch die ab 1974 auftretenden Vorboten einer Weltwirt- schaftskrise
zunachst nicht beeintrachtigt werden konnte.