Bei Sozialwissenschaftlern verschiedenster Disziplinen ist in jüngster
Zeit ein wachsendes Interesse an der Untersuchung von Lebensverläufen,
Biographien und sozialen Karrieren zu erken- nen. Gleichgültig, ob
qualitative Erhebungsverfahren benutzt werden, ob die Datenquellen
Tagebücher oder Tiefeninterviews sind, oder ob hochstandardisierte
Fragebögen Verwendung fin- den - bei aller Unterschiedlichkeit der
Erhebungsmethoden be- steht das Ziel häufig darin, Informationen über
die zeitliche Abfolge von Ereignissen zu gewinnen. Derartige Ereignisge-
schichten - im Englischen "event histories" - stellen das Aus-
gangsmaterial der Datenanalyse dar. Auch bei experimentellen Designs
oder im Rahmen der Evaluierungsforschung, also der Untersuchung der
Wirksamkeit von Maßnahmen der Sozialplanung, werden häufig die
Zeitintervalle bis zum Eintreten eines Er- eignisses erhoben. Z. B.
richtet sich die Aufmerksamkeit von Kriminologen bei der
Strafvollzugsevaluierung auf die Zeit- spanne bis zum ersten Rückfall
nach der Entlassung aus einer Strafanstalt. Zur Analyse von
Zeitintervallen zwischen Ereignissen sind in den Sozialwissenschaften
neue Methoden erforderlich. Diese Methoden, die häufig auch unter dem
Oberbegriff "Survival- Analyse" zusammengefaßt werden, stammen vor allem
aus der De- mographie und der Medizin- und Biostatistik. Der Grund ist
nicht verwunderlich: Demographen und Mediziner waren schon im- mer mit
dem Zeitintervall bis zum Eintreten eines wichtigen Ereignisses, nämlich
des Todes oder der Genesung befaßt. Be- deutsame Weiterentwicklungen der
Verfahren sind aber auch von Soziologen wie JAMES COLEMAN, MICHAEL
HANNAN und NANCY TUMA und ökonomen wie JAMES HECKMAN geleistet worden.