Im spaten Mittelalter wachst das Angebot an deutschsprachigem
medizinischem Schrifttum bedeutend an. Es vergrossert sich nicht nur die
Anzahl der Originalwerke, sondern schon vorhandene Schriften wurden
abgeschrieben bzw. kompiliert und weitergegeben, so dass die Texte von
ihrem Entstehungsort in verschiedene Gebiete des deutschen Sprachraumes
gelangten. Die Reichweite bzw. Ausbreitung des in den einzelnen
Fachtexten erfassten Wissens beweist, dass es zu jener Zeit schon einen
intensiven interkulturellen Austausch gab. Dass sich an diesem Prozess
in hohem Masse auch Mahren beteiligte, belegen die medizinischen Texte,
die in der Gegenwart in der mahrischen Stadt Olmutz aufbewahrt werden.
In Form einer Edition, die den zweiten Teil des Buches darstellt, werden
diese aus dem 15. Jahrhundert stammenden Texte Interessierten sowohl aus
linguistischen als auch medizinhistorischen Kreisen zuganglich gemacht.
Es handelt sich um das Olmutzer medizinische Kompendium, das Olmutzer
Ol-, Salben-, Pulver- und Pflasterbuch, die Olmutzer Wundarznei, die
Olmutzer Chirurgie, die mit prognostischen Texten verbunden ist, und das
Olmutzer Krauterbuch. Im ersten Teil der Arbeit wird die Stellung der
untersuchten Handschriften im Kontext der deutschsprachigen
medizinischen Literatur erhellt sowie ihre Analyse unter linguistischen
Aspekten angeboten. Es werden solche Aspekte gewahlt, die in der
bisherigen Forschung weniger akzentuiert sind und deren Ergebnisse
zugleich bei der Vorbereitung der Edition angewendet werden konnen. Dies
betrifft sowohl die Analysen zur Syntax, die im ersten Teil die zentrale
Stellung einnehmen und die bei der Interpunktion des Textes ihren
Niederschlag fanden, als auch den phonographematischen Teil. Ausserdem
sind die Texte unter dem Aspekt ihrer Makrostruktur untersucht. Diese
Analyse sowie ihr Vergleich mit korrespondierenden Uberlieferungen der
jeweiligen Textsorte zeigt, dass sich schon in den spatmittelalterlichen
medizinischen Fachschriften bestimmte Aufbaumuster nachweisen lassen,
wenn auch noch ein ganz unterschiedliches Herangehen an die
Inhaltsprasentation festzustellen ist.