Als ich zum Professor für Soziologie berufen wurde, beschlich mich schon
bald eine fundamentale Sorge: ob ich ehrlich und mit gutem Gewissen
Soziologie lehren könnte. Ich kam mir vor, wie ein Theologe, der nach
langem Studium nun endlich seine ersehnte Pfarrstelle antritt und
plötzlich feststellt, dass er an der Existenz Gottes zweifelt. Denn:
Kann ich als Soziologe guten Gewissens behaupten, die
Mängelwesen-Anthropologie sei "Fakt"? Weiß die Broken-Windows-Theorie
eigentlich, was sie aussagen will? Warum geht die Soziologie mit Parsons
davon aus, dass soziales Handeln in erster Linie rational gesteuert
wird? Und was genau meinen Soziologen eigentlich, wenn sie
"Gesellschaft" sagen?