Aischylos führte seine Tragödie Die Schutzflehenden auf, bevor ein
Jahr später ein Umsturz die Adelsherrschaft in Athen beendete und die
erste institutionelle Demokratie errichtete. Dieses Buch geht einen
neuen Weg in der Bestimmung des Ehekonfliktes, der im Zentrum dieser
Tragödie steht. Es weist - gegen die psychosexuelle Deutung - nach, daß
der Streit um die Ehe kein Geschlechterkonflikt ist. Gegen die
traditionelle Auslegung zeigt es, daß von einem «tragischen Konflikt»
keine Rede sein kann. Die Involvierten tragen den Konflikt vielmehr als
reinen Machtkampf aus, bei dem es um Herrschaft und Unterwerfung geht.
Die politische Analyse schält das zentrale Problem des Dramas heraus:
Die Unfähigkeit von Kontrahenten, zum Konsens zu finden. Damit ergibt
sich ein direkter Bezug zur historischen Situation. Am Vorabend der
großen demokratischen Umwälzung reflektiert der Dichter, inwiefern ein
Adel, der keine Rücksicht auf das Volk nimmt, seine Herrschaft
gefährdet.