Würden Sie heute eine Reise in eine der ländlichen Regionen in
Deutschland wiederholen, die in den 60er Jahren schon einmal
stattgefunden hat, so gäbe es viel festzuhalten. Der Schotterweg, auf
dem Sie sich damals einem Dorf genähert haben, ist nun eine breite,
asphaltierte Straße; die vielen Bäume im Dorf sind verschwunden; eine
neue Bushaltestelle zeigt an, daß hier zweimal am Tag ein Schulbus
verkehrt. Das Dorfgasthaus ist geschlossen, sie begeg- nen jedoch einem
Dorfgemeinschaftshaus, das allerdings auch nicht geöffnet ist. Wenn Sie
das Haus eines Bekannten in diesem Dorf aufsuchen, so ist es grundlegend
erneuert: mit einem geräumigen Bad, einer Gästetoilette und ei- ner
modernen Einbauküche ausgestattet. Der ehemalige kleine Stall ist nun-
mehr eine Garage oder eine Werkstatt. Sie erfahren, daß das Dorf seit
über zwanzig Jahren keinen eigenen Bürgermeister mehr hat, sondern ein
Ortsteil einer Großgemeinde ist, von der die Wasserversorgung und
Entsorgung, die Müllabfuhr und die Pflege der Straßenränder übernommen
wurde. Mögli- cherweise erzählt Ihnen Ihr Bekannter, daß gerade eine
Intitiativgruppe zur Entwicklung der Region gegründet worden sei und es
nunmehr darum gehe, die Identität des Ortes und der Region
wiederzufinden. Ein Dorf müsse wieder als Dorf erfahrbar werden.
Fünfunddreißig Jahre haben gereicht, Lebensformen und Landnutzung,
Bauformen und politische Regulation grundlegend zu ändern.