"Kann man beweisen, daiS zwei mal zwei vier ist?", "Gibt es in der
Mathematik iiberhaupt noch etwas zu beweisen?", "Was macht ein
Mathematiker eigentlich den ganzen Tag?", ... Mit solchen Fragen werde
ich haufig konfrontiert, wenn im, tag- lichen Leben' die Sprache auf die
Mathematik kommt. Sie verraten, daiS das Bild in der Offentlichkeit weit
vom Selbstverstandnis der Mathematik abweicht. Dies liegt vermutlich
daran, daiS die Mathe- matik diejenige Wissenschaft ist, die ihr Licht
am meisten unter den Scheffel stellt - oder, ein biiSchen bosartig
formuliert, die das Licht der Offentlichkeit am meisten scheut. Nun
lassen sich natiirlich bequeme Griinde dafiir finden, daiS es besonders
schwierig ist, Mathematik zu vermitteln, schwieriger als beispielsweise
Physik oder Theologie. Dementsprechend groiS ist dann die Versuchung,
sich mit dieser Beobachtung zufrieden zu geben - und gar nichts zu tun.
Das ist aber des Schlechten zuviel! * In den letzten Jahrzehnten konnte
sich, insbesondere aufgrund von Schulerfahrungen, der Eindruck breit
machen, Mathematik be- schranke sich auf stumpfsinniges Ausixen von
Gleichungen und langweiliges Auswendiglernen formaler Gesetze. Aber das
Gegen- teil ist wahr: Mathematik lebt von Phantasie, SpaiS am Problem-
losen, Knobeln und Freude an schonen Losungen.