Das Buch widmet sich mit rezeptions- und forschungsgeschichtlichem
Grundanliegen den drei altesten deutschen Texten zeithistorischer
Thematik, dem althochdeutschen "Ludwigslied" (881/2), dem
deutsch-lateinischen Gedicht "De Heinrico" (um 1000) und dem
fruhmittelhochdeutschen "Annolied" (um 1080). Alle drei entstanden vor
bewegtem politischem Horizont, dem sie jeweils ihre spezifische Funktion
und Machart verdanken: den Normanneninvasionen im zerfallenden
Karolingerreich, den wiederholten Konflikten zwischen bayerischer
Herzogsgewalt und Konigtum im 10. Jahrhundert und dem Investiturstreit.
Sie preisen drei geradezu idealtypische Reprasentanten der
geistig-politischen Ordnung ihrer Zeit: einen Konig aus karolingischem
Haus, einen Herzog aus einer Seitenlinie der Ottonen und einen der
bedeutendsten Reichsbischofe der Salierzeit. Untersucht werden diese im
Deutschen isolierten Texte als zwar heterogene, aber in vieler Hinsicht
verwandte Glieder einer literarischen Reihe, die enge Bezuge zur
zeitgenossischen mittellateinischen Uberlieferung erkennen lasst,
namentlich zu historiographischem, theologisch-exegetischem und
furstenpadagogischem und juristischem Schrifttum. Interpretierenden und
historisch auswertenden Kapiteln folgt jeweils eine detaillierte
Bestandsaufnahme der wissenschaftlichen Rezeptions- und
Deutungsgeschichte, die in allen Fallen bereits im 17. und 18.
Jahrhundert einsetzte. So lasst das Buch neben den drei Dichtungen
selbst auch die Entstehung und Geschichte jenes Faches, in dessen
Kompetenzbereich sie traditionell fallen, insbesondere seine sich
wandelnden geistigen Wurzeln, Methoden, Begriffe und Hauptanliegen,
paradigmatisch vor Augen treten.