Viele Theoretiker in den Sozialwissenschaften haben wohl die Kybernetik
als ganzheitliche und strukturwissenschaftliche Theorie mit einem
Mehrwert für die Wissenschaft schon längst abgeschrieben. Mit dem Ende
der Kybernetischen Pädagogik als Disziplin ist sie vollständig sowohl
aus den sozialwissenschaftlichen Institutionen als auch aus deren
Wissenschaftssprache verschwunden. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt
jedoch, dass die Kybernetik implizit immer noch eine Rolle spielt. Vor
allem in sozialwissenschaftlichen Modellen über bestimmte Evaluations-,
Planungs-, Coaching- oder Beratungsprozesse sind Strukturen anzutreffen,
die stark an Entwürfe von Helmar Frank oder Felix von Cube aus den 70er
und 80er Jahren erinnern. Es erweist sich aber - gerade vor dem
Hintergrund aktueller Professionalitätsdiskussionen - als Vorteil, einen
klaren Reflexionshorizont zu errichten, welcher eine deutlich
identifizierbare Theorie vertritt. Dieser Ausgangspunkt führt zu der in
diesem Buch vertretenen These, dass die Kybernetik, insbesondere die
Kybernetische Pädagogik, nach wie vor einen großen Bereich in den
Sozialwissenschaften ausfüllt, obgleich sie hier keine nominelle
Explikation mehr erfährt. Dieses Buch beschäftigt sich demnach zunächst
mit der Kybernetik als Theorie im sozialwissenschaftlichen Kontext.
Daran anschließend wird ein Beratungsbegriff im Kontext aktueller
Diskussionen in sozialen Disziplinen eingeführt, anhand welches im
dritten Schritt der Versuch unternommen wird, ein Beratungsmodell
mithilfe der kybernetischen Theorie zu entwerfen. Dieses Buch versteht
sich zum einen als interdisziplinäre bzw. strukturwissenschaftliche
Prodiskussion in der Frage nach kybernetischen Modellen in den
Sozialwissenschaften und zum anderen als Theorieangebot für
vorherrschende Professionalitätsdiskussionen im Bereich Beratung.