"Krankheit" hat zu allen Zeiten Menschen betroffen, und sie wird auch
weiterhin das Denken der Menschen beanspruchen und herausfordern. Die
Krankheitsleh- ren unterlagen im Wandel der Zeiten einem stetigen
Wechsel, der nicht nur ab- han gig war von der jeweiligen
wissenschaftlichen Konzeptualisierung, sondern vor allem auch vom
geisteswissenschaftlichen Hintergrund der jeweiligen Epo- che. Diesen
epochalen Wandel habe ich in vorliegender Studie in erster Linie
herauszustellen versucht. In meiner Arbeit ist bewuBt von
"Krankheitslehren" die Rede und nicht von einem statischen Begriff wie:
"Die Krankheitslehre". Gemeint sind damit der Krankheitsbegriffwie die
Krankheitsforschung, Krankheitskonzepte oder Krank- heitsmodeUe,
Krankheitsauffassungen wie Krankheitsbilder, das Krankheitswesen und am
Rande auch die Geschichte der Krankheiten. Was nicht mein Thema sein
konnte, ist die so haufig behandelte Geschichte bestimmter Krankheiten.
Ausgelassen wurde damit die sicherlich oft faszinieren- de Beschreibung
einzelner Krankheitsbilder aus der Optik der jeweiligen Zeit, mit der
Feder etwa eines antiken Wanderarztes, eines islamischen Arztphiloso-
phen, eines scholastischen Magisters, eines experimentierenden
Iatrophysikers oder Iatrochemikers der frlihen Autklarung. Nur am Rande
erwiihnt wurde die bunte Palette historischer Krankheitsbegriffe, ihre
Konstruktion und ihr Verfall, ihre Einheitlichkeit oder Pluralitat, ihre
zentrale oder auch nur periphere Rolle in Diagnostik, Prognostik und in
der aUe pathischen Signaturen wiederum verbin- denden Semiotik.
Gleichwohl soUten die Krankheitslehren nicht nur in einer
naturwissenschaft- lichen Dimension Beachtung fmden, sondern auch in
ihren anthropologischen Verankerungen und damit in allen Bereichen,
welche die Lebenswelt des kranken Menschen betreffen.