Physiotherapeutinnen erhalten durch die intensive Beschäftigung mit dem
Körper des Patienten eine Vielzahl von Informationen, welche der
strafrechtlichen Schweigepflicht unterliegen. Therapeutinnen können
aufgrund der hohen Zahlen von Gewalthandlungen gegen Kinder und
Jugendliche und aufgrund ihres engen Kontaktes zum Patienten auf
Symptome und Signale treffen, die auf erlebte Gewalt eines Kindes oder
Jugendlichen hindeuten. Bei einem Verdachtsmoment ergibt sich dann eine
rechtliche und ethische Konfliktsituation, wie mit diesem Wissen
angesichts der Schweigepflicht umzugehen ist. Ist es gerechtfertigt, die
gesetzlich geregelte Schweigepflicht zu verletzen, um Kinder und
Jugendliche zu schützen? Die Autorin gibt einen Überblick über
Kindesmisshandlung und deren Häufigkeit und stellt rechtliche
Rahmenbedingungen für die Physiotherapie bei Kindesmisshandlung dar.
Desweiteren analysiert sie den Konflikt zwischen der strafrechtlichen
Schweigepflicht und dem Kinderschutz anhand eines Interviews, um darauf
aufbauend Empfehlungen für das Handeln bei einem Verdacht auf
Kindesmisshandlung aufzuzeigen und die Anwendbarkeit für die
Physiotherapie zu untersuchen.