Wenn sich anthropologische Medizin in der Forschung urn Vermittlung
zwischen einer organismusgerechten Biologie, einer sinngebenden Psycho-
logie und verstehenden Psychatrie bestimmt, in der Praxis urn Vertiefung
einer stets symmetrisch erfahrenen Arzt-Patient-Beziehung, dann darf die
U ntersuchung Albert Zachers - deren Inhaltsangabe schon die N eugier
des Lesers erwecken sollte - als exemplarisch fur deren Bemiihungen
angese- hen werden. Die Vorviiter und Vater der "anthropologischen
Medizin", die hier mit Scheler, Plessner und Kunz fUr die mehr
philosophische dieser um- fassend den Menschen in den Blick nehmende
Richtung stehen, durften sich zu dem Werk dann gemeinsam mit Binswanger,
von Gebsattel, von Weiz- sacker und Tellenbach und vielen anderen mehr
zu Taufpaten berufen fiihlen. Denn im N etz seiner lebensgeschichtlichen
Verstrickungen und auf dem Hintergrund der Frage "Was ist Geschichte?"
uberhaupt erschlieBt der Autor gemeinsam im Dialog mit dem Patienten
neue Kategorien lebensge- schichtlicher Zusammenhange, neue Kategorien
psychischen Erleben- etwa der "Tiefe", oder eine Phanomenologie der
"Verzweiflung" - und nicht zuletzt neue Kategorien der Psychopathologie.
Die Ingeniositat der Emiprie liegt hier in ihrer Erweckung
schopferischer, sinngebender Impulse selbst, die nicht "im
Elfenbeinturm" ausgebriitet, dann die Wirklichkeit zu einer besseren
verwandeln, da sich hier echte Theorie - im Sinne der urspriinglichen
Wortbedeutung "Schau" - im Kairos mit dem gluckhaften arztlichen Handeln
finden. So moge dieses Werk als eine Resultante kreativer Vektoren in
der Fillle gleichgesinnter Bestrebungen - die weder Orthodoxie noch
Materialismus zum Schweigen bringen konnen - auf seinem Weg zum
aufgeschlossenen Leser Anregung, "DenkanstoBe" und Antwort auf offenes
Fragen begleiten.