Die wirtschaftliche, soziale und politische Entwicklung Italiens wird im
Ausland je nach Standpunkt entweder argwöhnisch oder hoffnungsvoll
verfolgt. Mit Argwohn reagieren die Beobachter, die sich durchjede
Regie- rungskrise, jeden Streik und jeden Terrorakt in ihrer Auffassung
bestätigt sehen, daß Italien die Entwicklung zum modernen Wirtschaften
und Ver- walten des Gemeinwesens noch vor sich habe und endlich die
Relikte einer rückständigen Gesellschaft überwinden müsse. Hoffnung
verbindet im Ausland und nicht zuletzt in der Bundesrepublik die neue
Linke, die häufig in der eigenen Resignation und Enttäuschungangesichts
des Rechtstrends im eigenen Land auf die Kampfkraft der italienischen
Kommunistischen Partei und der Gewerkschaften setzen und eher dort als
hier den Hort der erwünschten revolutionären Umgestaltung der
Gesellschaft mit den Aus- wirkungen fl. ir ganz Europa sehen. Beide
Haltungen zum italienischen Nachbarn stilisieren die Ereignisse im
"Stiefel" Europas zum "Fall Italien". In Analysen konservativer und auch
sozialdemokratischer Beobachter wird die Ursache fl. ir die angefl.
ihrte Fehlentwicklung des Landes in dem Widerspruch zwischen intakter,
erfolgreich praktizierter Marktwirtschaft und blockierendem politischen
System gesehen. So werden "die Gründe für die italienische Dauerkrise im
politischen System gesucht: ' (Wieser/ Spotts: Der Fall Italien,
Stuttgart 1984, S. IX). Im einzelnen seien "die blok- kierte
Parteienkonstellation und die schwachen Regierungen . . . die be- grenzt
funktionsfahige Verwaltung, die schwerfallige Justiz, der unüber-
sehbare Parastaat"/IX/ für die italienische Misere verantwortlich zu ma-
chen.