Das Buch liefert - erstmals im deutschsprachigen Raum - einen
umfassenden wissenschaftlichen Beitrag zur Aufarbeitung sexualisierter
Gewalt in einem Psychotherapieinstitut. Die qualitative Fallstudie nimmt
jahrzehntelangen Machtmissbrauch und sexualisierte Gewalt durch den
Leiter eines analytischen Kinder- und Jugendinstituts in den Blick.
Dabei zeigt sich, dass die in diesem System verstrickten
Psychotherapeut*innen zentralen Vorstellungen und Konzepten ihrer
Profession nicht gerecht werden: Schweigen, Verleugnung,
Rationalisierung, Abwehr von Verantwortung und Ignoranz gegenüber
Betroffenen verhindern über lange Zeit die Aufdeckung der Taten und
nachhaltige Formen der Aufarbeitung. Das Institutsleben wird von einer
dialektischen Spannung zwischen der Notwendigkeit der Bearbeitung und
dem Wunsch nach ungestörtem Funktionieren geprägt. Diese Dynamik erweist
sich zugleich als Analogie zu Problembewältigungsmustern
psychotherapeutischer Patient*innen. Der Fall verweist auf
grundsätzliche Probleme im Bereich der Psychotherapie, die vor allem mit
einem strukturellen Machtungleichgewicht und ausgeprägten
Abhängigkeitsverhältnissen sowohl im Kontext der Ausbildung als auch im
Behandlungssetting zu tun haben. Aus den Erkenntnissen dieser
empirischen Untersuchung werden professions- und organisationsethische
Überlegungen abgeleitet und - darauf basierend - konkrete Empfehlungen
zur Prävention von sexualisierter Gewalt in Psychotherapieinstituten
formuliert.