Ade nun, fur Liebenl Geschieden muB sein. Ade nun, fur Berge, du
viiterlich Hausl Es treibt in die Feme mich miichtig hinaus. J ustinus
Kerner In diesem Buch soIl von den Wanderungen der Insekten die Rede
sein. Damit sind zwei Hauptfragen gestellt; einerseits: welche Insekten
haben iiberhaupt den Trieb zum Wandern? andererseits: kann das
Bediirfnis zum mehr oder weniger ausgedehnten Orts- wechsel aus ihrer
Lebensweise verstanden werden? Ohne Zweifel ist der "Wandertrieb" ein
etwas verschwommenet Begriff; diese Verschwommenheit wird auch dadurch
nicht besser, daB man ihn gerne und haufig bei den ganz ahnlichen
Verhaltens- weisen anderer Tiere (z. B. mancher Fische, Vogel und
Saugetiere) anwendet. Urn zu einem gewissen Verstandnis zu kommen,
konnte man vielleicht analoges menschliches Verhalten heranziehen; dies
Verfahren ist nicht durchaus verwerflich, da doch Tier und Mensch so
viele Grunderscheinungen des Lebendigen gemeinsam sind. VieHeicht ist es
berechtigt, auch beim Menschen von einem tief verwurzelten "Wandertrieb"
zu sprechen, von der mit starken Empfindungen gesattigten und durch eine
kaum zu stiHende Neu- giet angestachelten Neigung, aufzubrechen zu neuen
Ufern. Ohne Zweifel unterliegt dies Aufbrechenwollen oder -miissen
starken Schwankungen, ist in seinem Auftreten und Ablauf bedingt dutch
unterschiedliche, z. T. auch altersbedingte, individuelle Neigun- gen,
durch standige Wandlungen det physischen und zumal gesell- schaftlichen
Umwelt.