\Mittlerweile sind die Bilder der Impressionisten teuer geworden, und
dieser Umstand, der das kapitalkräftige Berlin reizt, wird in anderen
Zentren zum unübersteiglichen Hindernis. In Berlin aber nimmt die
plutokratische Toleranz die heterogensten Dinge auf, und es ist die
Frage, ob mit Nutzen. Man kaufte gestern Manet, heute Courbet, morgen
Signac. Vermag der Laie, der nicht mit dem eigentlichen Körper der
französischen Kunst vertraut ist, solche Extremitäten, wie van Gogh und
Gauguin, die gegenwärtig auf der Tagesordnung stehen, wirklich zu
schätzen? Ich habe oft und stets vergebens geraten, organische
Ausstellungszyklen zu veranstalten, bei Gericault und Delacroix
anzufangen, dann die Fontainebleauer und Corot zu zeigen, dann Courbet
und die Impressionisten. Bis man zu den Jüngsten käme, müssten die
Vorgänger genau verstanden sein. Die fixen Leute, die ohne Einsicht in
solche Zusammenhänge fertig zu werden glauben, sind gerade die, deren
übereiltes Urteil, selbst wenn es liberal ist, zur Verwirrung treibt.
Der Snob, dem eines schönen Tages ein Cezanne unverhoffte Eindrücke
bereitet, ahnt nicht die sehr viel tieferen Freuden, die das Eindringen
in den Organismus der französischen Kunst erschliesst. Zur Ausbildung
einer modernen Kunst brachte Frankreich die denkbar glücklichste
Vergangenheit mit. Von der Pariser Schule des vierzehnten Jahrhunderts
an, in der vielleicht Jan van Eyck lernte, bis zum heutigen Tage fliesst
die französische Malerei in einem ununterbrochenen Strom.\ [...]
Julius Meier-Graefe beschreibt in seinem vorliegenden Werk die
Impressionisten Guys, Manet, Van Gogh, Pissarro und Cézanne. Versehen
ist dieser Band mit seiner Einleitung über den Wert der französischen
Kunst und illustriert mit 60 historischen Abbildungen. Dieses Buch ist
ein unveränderter Nachdruck der Originalausgabe von 1907.