Hypochondrie ist einer der altesten Krankheitsbegriffe der Medizin. Er
hat seit der Antike einen betrachtlichen Bedeutungswandel durchgemacht,
seit er sich aus den Vor- stellungen der alten Saftelehre und der
Melancholia loste. Die atiologischen und no so- logischen Auffassungen
der Hypochondrie haben sich aber auch in der jiingeren
Psychiatriegeschichte noch stark gewandelt. Wenn wir he ute davon
ausgehen, da es eine Krankheitseinheit Hypochondrie nicht gibt, sondern
nur hypochondrische Syn- drome, so mag man nach der Berechtigung fragen,
mit der einer Arbeit der Titel "Hypochondrie" vorangestellt wird. Wir
wollen damit nicht zu einer Entitat oder auch nur zu einer
idiopathischen Hypochondrie zuriickkehren. Unser Titel solI viel- mehr
ein Arbeitsprogramm bezeichnen: Die Benennung "hypochondrisch" bei den
verschiedensten psychiatrischen Krankheitsbildern meint offenbar ein
modifizierendes Pradikat, welches etwas gemeinsames Bestimmtes bedeutet.
Man konnte (in Anlehnung an J. KONIG) sagen, da der bestimmte Eindruck
des H ypochondrischen, den der psychia- trische Beobachter yom Kranken
gewinnt, auch auf etwas bestimmtes Wirkliches ver- weist. So scheint
sich auch seit der Antike ein gewisses Grundverstandnis des sen, was
hypochondrisch genannt wird, durchgehalten zu haben. Es ist nun das
Problem, und damit sei auch die Aufgabe dieser Arbeit umrissen, dieses
Hypochondrische in seiner Eigenverfassung und seiner Eigentendenz von
verschiedenen Aspekten aus zu unter- suchen und zu erfassen. Dabei gehen
wir ausschlieElich von der neurotischen Hypo- chondrie bzw. der
hypochondrischen Entwicklung aus.