Als Wirtschaftstheoretiker und insbesondere als prononcierter Kritiker
der Werttheorie erfreute sich Friedrich Gottl-Ottlilienfeld zu seiner
Zeit eines beträchtlichen Ansehens und Einflusses. Davon ist nicht viel
mehr übriggeblieben als ein sicherer, wenn auch bescheidener Platz in
der Geschichte der Volkswirtschaftslehre. Vermutlich hat, was die
geringe Fortwirkung des Gottischen Werks angeht, auch der Umstand eine
Rolle gespielt, daß es bei ihm, mehr noch bei einigen Schülern, in den
späteren Jahren zu einer Anpassung an die nationalsozialistische
Ideologie gekommen ist. Gottls metho- dologische Überlegungen galten
allerdings seit jeher in weiten Kreisen als allzu idiosynkratisch,
außerdem als gedanklich unklar und wegen der sehr eigenwilligen
Ausdrucksweise schwer verständlich. Es gab allerdings Gelehrte, die die
Originalität und Bedeutung gerade dieser Arbeiten, und zwar insbesondere
des frühen Hauptwerks Die Herrschaft des Wortes. Untersuchungen zur
Kritik des nationalökonomischen Denkens (190 I), sehr nachdrücklich
hervorhoben. Unter ihnen ragen zwei hervor. Der eine ist Martin
Heidegger (in Sein und Zeit). Dessen Wertschätzung könnte man allerdings
damit zu erklären versuchen, daß er sich seinerseits ja bekanntlich im
wissenschaftlich und auch sprachlich Abwegigen bewegt habe. Wie
unbrauchbar eine solche, Erklärung" ist, zeigt der zweite dieser
Gelehrten. Es ist Max Weber, der vor allem Die Herrschaft des Wortes in
seiner Wissenschaftslehre wiederholt als höchst originelle und
inspirierende Analyse anfUhrt. Allerdings werden Gottls Überlegungen
weder von Heidegger noch von Weber (auch nicht in dessen Korrespondenz
mit Gottl) aufgenommen, interpretiert und im einzelnen geprüft.